MTB Coaching Level III mit Philipp Kraft




Wie ein abgerittener Gaul, der sich durch die Savanne schleppt, mit hängendem Kopf und trockener Zunge krieche ich an der B 73 entlang. Die Beine sind bleischwer und ohne jegliche Kraft. Der Körper, durch die Erkältung geschwächt, hat keine Reserven aufzubieten und sehnt sich nach Ruhe. Fehlen eigentlich nur noch die über mir kreisenden Aasgeier. Ein schneller Blick gen Himmel, nur um ganz sicher zu gehen, dass alles ok ist!

Dabei fing der Tag wirklich klasse an. Ich hatte nicht verschlafen, fühlte mich den Umständen entsprechend fit, hatte keine Ausrüstung vergessen, kam super über die Autobahn und fand den Startort unser heutigen Tour auf Anhieb. Dass ich mich seit Tagen mit der Schnotterseuche abärgerte, war da (noch) beinahe nebensächlich.

Flugs hatte ich mein Rad aus dem Auto gewuchtet und mich zu den Mitfahrer gesellt, da begann Philipp schon mit dem obligatorischen Bikechek, der diesmal absolut im zeitlichen Rahmen stattfand. Die als Ausbildungseinheit angedachte Tour modifizierte Philipp, zu einer geführten Singletrailtour um, um lange Stehphasen bei den niedrigen Temperaturen zu vermeiden.

Ein paar Meter kurbelten wir uns warm und begannen alsbald auf den ersten Singletrails zu surfen. Herrlich, was unsere Guides Philipp und Stephan uns präsentierten. Viel Flow, viele kurze, knackige Anstiege und super Abfahrten. Aufgrund des Schnees waren einige Passagen technisch schon anspruchsvoll und teils recht kniffelig. Es ist schon erstaunlich, wie sich der Untergrund auf das Fahrverhalten des Bikes auswirkt. Grundsätzlich war aber alles fahrbar. Zumindest für die meisten von uns! An einer Abfahrt ging mir dann doch der Kackstift und ich zog die Notbremse. Was solls? Mit meinen 31 Lenzen hab ich inzwischen ein Alter erreicht, indem man seinen mangelnden Mut als hohes Maß an Vernunft deklarieren kann.

Gleich zu Beginn der Tour wurde mir bereits recht schnell ungewöhnlich warm. Ich zog ein paar Klamotten aus, vermutete einfach zu dick eingeplünnt zu sein. Doch wirklich besser wurde es nicht. Ich schwitzte wie ein Tier aus allen Poren. Mein Puls jagte. Vermutlich auch, weil ich, bedingt durch die verrotzte Nase, viel zu schnell und nur durch den Mund atmete. Viel mehr Sorge bereiteten mir jedoch meine Beine. Sie fühlten sich so ungewöhnlich schwach und kraftlos an, dass sie bei Abfahrten in der Grundposition zu zittern begannen und ich Mühe hatte das Bike zu kontrollieren. Fand ich irgendwie gar nicht mehr witzig! Bergauf tat ich mich ebenfalls schwer. Ich brachte kaum genug Druck auf´s Pedal um die Anstiege zu meistern.

Ein ums andere Mal musste ich heute schieben. Diese Erfahrung war unsagbar demütigend! So dreckig wie heute ging es mir lange nicht mehr. Ganz offensichtlich war mein Körper der doppelten Belastung aus Krankheit und körperlicher Betätigung dann doch nicht gewachsen. Ich informierte Stephan und Philipp. Die nahmen sofort etwas Tempo raus um mich etwas zu entlasten. Das half allerdings nur kurze Zeit. Als die Beine an einer kleinen Steigung zitternd den Dienst quittierten, schaffte ich es grad noch eben so vom Rad zu steigen, bevor ich damit umfiel.

Mit fast väterlich besorgter Mine nahm Phlipp meinen Wunsch, die Tour vorzeitig zu beenden und allein die Rückfahrt antreten zu wollen, zur Kenntnis. Der Gedanke, dass mir unterwegs etwas zustoßen könnte, sorgte ihn. Er stattete mich mit seiner Karte aus und erklärte mir zusätzlich den einfachsten Weg zurück zum Ausgangspunkt der Tour. Ziehen ließ er mich dann auch erst, nachdem er sich vergewissert hatte, dass ich mein Handy und seine Telefonnummer dabei hatte.

„Olli, fahr vorsichtig. Mach langsam. Nicht übertreiben und kein unnötiges Risiko“, klingt mir seine gut gemeinte und freundschaftliche Warnung immer wieder im Ohr, während ich nun selbst auf dem asphaltierten Fußweg der B 73 die 10 Km/h-Marke kaum knacken kann. „Du Scherzkeks“, denke ich mir mit einem schwachen Lächeln. „Als ob ich noch in der Lage wäre irgendwelche riskanten Aktionen zu starten.“ Ich weiß seine Fürsorge allerdings durchaus zu schätzen. Auch das macht eben einen guten Guide aus. Der Phillip wird mir mit jeder Begegnung noch ein Stück symphatischer.

Als ich endlich am Auto angekomme, geht es meinem Handy ähnlich wie mir. Systemfehler! Offenbar ist es zu kalt. Das Gerät zeigt keinerlei Funktion. Der versprochene „Alles-OK-Anruf“ beim Guide muss somit warten, bis ich zu Hause bin.

Bewaffnet mit Wolldecke und Teetasse telefoniere ich dann aus dem heimischen Wohnzimmer mit Philipp, nicht ohne den Hintergedanken im Frühjahr wieder mit ihm fahren zu wollen.


Das Bild habe ich mir bei HFS ausgeliehen

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