Kettenreinigung - so klappt sie spielend

Der Antrieb ist der elementarste Teil eines Rades. Kette, Kettenblätter und Ritzel sind enormen Belastungen ausgesetzt. Er herrschen starke Zugkräfte und mechanischer Verschleiß auf diesen kostenintensiven Verschleißteilen. Schmutz und Wasser setzen dem Antrieb ebenfalls zu und beeinträchtigen nicht nur die Funktion, sondern lassen ihn zudem schneller verschleißen. Unserem Kettenstrang sollten wir daher reglmäßig ein wenig Pflege zukommen lassen.

So verschmutzt wie hier nach dem Renneinsatz, sieht ein Bike natürlich nicht jeden Tag aus.

Die Frage nach der richtigen Art und Weise der Reinigung spaltet seit je her die Gemüter. 
In den sozialen Netzwerken und Foren geht es oft heiß her. Dabei, so meine persönliche Meinung, gibt es nicht "die eine richtige" Reinigung. Vielmehr gibt es durchaus mehrere sinvolle Ansätze. Und genau diese Frage sollte man sich stellen: Was ist sinnvoll, was eher weniger und was könnte sogar schädlich sein? Halten wir also zunächsteinmal nur fest, dass es in jedem Fall sinnvoll ist, seinen Antrieb regelmäßig zu überprüfen, zu inspizieren und zu pflegen. Er wird es mit Langlebigkeit und guter Funktion danken.


Mit dieser Schlammpackung verschleißen die Kettenblätter im Zeitraffer

How to do?
Das "how to" gestaltet sich dann für den ein oder anderen schon schwieriger.
Mancher schwört felsenfest auf den Einsatz von Hochdruckreinigern. Andere bevorzugen spezielle Reinigungs- und Pflegemittel aus dem Fahrradladen. Wieder andere stellen das Rad in die Badewanne oder setzen auf Waschbenzin, Aceton und Dieselkraftstoff, um nur einige wilde Eperimente zu nennen.




Was ist schädlich?
Diese Frage ist recht simpel zu beantworten. Bikewäsche in der Badewann ist ein no go. Binnen kurzer Zeit wird die Abwasserleitung verstopft sein und eine teure Sanierung fällig werden.
Auch den Einsatz eines Hochdruckreiniges verbietet schon der gesunde Menschenverstand. Während Ritzel, Kette und Kettenblätter dem Wasserdruck von rund 90-100 bar durchaus problemlos standhalten, besteht die Gefahr, dass durch den hohen Druck, das Wasser in die Lagerschalen von Innenlager, Freilauf und Hinterradnabe eindringt. Die Folgen, wenn auch nicht sofort ersichtlich, dürften auf der Hand liegen; Defekte Dichtungen lassen weiterem Wasser und Dreck freien Zutritt zum Lager und zerstören dieses vorzeitig!
Das betrifft selbstverständlich alle Lager eines Bikes. Völlig gleich, ob Hinterbauschwingen, Steuersatz, Innenlager oder Naben. Sämtliche Lager an einem Rad sind lediglich mit Dichtungen gegen Spritzwasser und Staub geschützt. Einem Kärcher können sie nicht standhalten!

Schädlich sind selbstverständlich auch div. Reinigungsmittel, sofern diese gewässerbelastend sind und nicht fachgerecht entsorgt werden. Wer mir also erzählt, er reinige seine Kette regelmäßig in Dieselöl und habe da gute Erfahrungen gemacht, dem glaube ich das gern. Er muss sich allerdings die Frage gefallen lassen, wie er den verunreinigeten Diesel nun entsorgt.

Auf Aceton und andere agressive und ggf. sogar lösemittelhaltigen Flüssigkeiten reagiert die Umwelt ebenso sensibel. Die Dichtungen deines Bikes übrigens auch.


Ja, aber wie denn nun?

Wie bereits erwähnt, gibt es sicherlich verschiedene Arten, seinen Antrieb zu reinigen. Auch unterschiedliche, sinvolle Methoden. So finden oft Zahnstocher, Büsten, Schwämme, Lappen o.Ä. Verwendung. Die teuren Renigungssets der Fahrradindustrie bedarf es allerdings meiner Meinung nach nicht. Gleiches gilt für sündhaft teure Reinigungsmittel.
Beschäftigt man sich mit der Frage "Was sitzt denn da genau in meinem Antrieb fest?", kommt man doch schnell zu der Erkenntnis, dass es sich lediglich um eine Mischung von Fett, Öl und Dreck handelt. Öl, Fett, Dreck - also im Grunde nichts anderes, als was sich auch nach dem Frittieren eines Schnitzels in der Bratpfanne finden lässt. Und die wird mit fettlösendem Spülmittel gewaschen - das kennen wir alle aus der heimischen Küche!
Hier finden sich kaum noch Fett und Öl. Die stundenlange Schlammschlacht hat sämtliche Schmierstoffe
abgewaschen und das Ritzel mit einer Matschpackung überzogen.




In solch Härtefällen, wie oben gezeigt, empfehle ich den kompletten Antrieb zu zerlegen. Die Bauteile lassen sich demontiert bedeutend besser reinigen und ggf. auch zum Einwirken in eine Reinigungsflüssigkeit legen. Bei weniger starker Verschmutzung kann die Reinigung durchaus auch in montiertem Zustand erfolgen.



Welcher Reiniger und wie anwenden?
Ich benutze, um Fettrückstände (nahezu) restlos und rationel entfernen zu können, einen Fettlöser aus dem industriellen Einsatz in Großküchen. Dieser Reiniger ist im Grunde eine etwas konzentriertere Form von Spülmittel. Er kann anschließend bedenkenlos dem Abwasser zugeführt werden.
Eine ausgediente Zahnbürste ist für mich Mittel erster Wahl. Sofern ich den Antrieb zerlegt habe, weiche ich die Bauteile vorab gern in der Seifenlauge ein. Bei harten Verkrustungen helfe ich notfalls schonmal mit Pressluft nach. Hier gilt aber die Maßregel, Druckluft nur am demontiertem Antrieb einzusetzen, denn für sie gilt im Bezug auf Lager und Dichtungen das Selbe wie für Wasserdruck.
Zwischen den Ritzelzähnen haftender Dreck ist auch mit der Zahnbürste oft schwer zu erreichen. Schaschlikspieße, Zahnstocher oder eine alte Speiche o.ä. können da hilfreich sein. Gleiches gilt für die Kettenblätter.

Die Kette zu reinigen ist stets zeitintensiv. Lasche für Lasche - Glied für Glied, will sie gründlich abgebürstet werden. Aber nur so lässt sich gewährleisten, dass sich zwischen den beweglichen Einzelteilen der Kette kein schmirgelnder Schmutz mehr befindet.

Die gereinigete Kette des demontierten Antriebs ist hier bereits wieder montiert
Ich verwende gerne Druckluft um die gereinigten Bauteile zügig trocknen zu lassen. Zum einen möchte ich natürlich zeitnah mit der Montage beginnen, zum anderen beuge ich so oberflächlicher Korrosionsbildung vor.


Der richtige Schmierstoff!
Noch hitziger, als die Debatten zur Kettenreinigung, arten die Diskussionen zum Thema Kettenfett in den sozialen Medien aus. Und das immer wieder!!! Auch hier gilt meiner Meinung nach: Es gibt nicht richtig oder falsch, sondern zweckmäßig und unzweckmäßig.
So kann es durchaus sinnvoll sein, eine seit Stunden knarrzende Kette im Notfall mit einem Stück Butter zu schmieren, während ich Butter normalerweise als Kettenschmierstoff nicht empfehlen würde.


Die Industrie überschwemmt uns Radfahrer geradezu mit eierlegenden-Wollmilchsäuen zu zum Teil exorbitanten Preisen. Die Versprechungen der Marketingbeauftragten übertreffen sich gegenseitig, werden aber nur selten eingehalten.
Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Schmierstoffe.


-Kettenfette, die sehr resistent gegen Abwaschen sind, dafür aber nicht wirklich dort eindringen, wo Schmierung benötigt wird.

-Öle, die sehr gut eindringen und schmieren, leider aber schnell ausgewaschen werden.
 
-Trockenschmierstoffe, die meist auf Silikonbasis basieren und für mich weder in die eine, noch die andere Richtung überzeugen können.

Ich pers. bevorzuge Öl. Es dringt deutlich besser zwischen die einzelnen Bauteile einer Kette als andere Produkte und vermindert so den Verschleiß dort wo er stattfindet. Den Nachteil des häufigen Nachschmierens muss ich da in Kauf nehmen. Bezüglich der Wahl des Öls habe ich ich bereits viele Produkte ausprobiert. Letztlich habe ich zwischenzeitlich sogar mit einem Einbereichs-Motorenöl experimentiert. Für mich hat sich nun Kettenhaftöl aus dem Forstwirtschaftsbereich als extrem brauchbar herausgestellt. Diese Öle sind dafür ausgelegt die Ketten einer Motorsäge, bei rund 11.000 rpm und einer Kettenumlaufgeschwindigkeit von mehr als 27 m/sek, zuverlässig zu schmieren. Und das unter allen Witterungslagen wie Regen, Frost und Hitze. Zudem sind diese Öle so konzipiert, selbst dann ausreichend zu schmieren, wenn die Kette ins Holz eintaucht.
Zugegeben, eine Kettensäge hat eine s.g. Verlustschmierung. Das bedeutet, dass die Kette durch Abstreifen im Holz und durch die hohen Fliehkräfte permanent Öl verliert und dementsprechend auch permanent nachgeschmiert wird. Allerdings handelt es sich, um die Verluste durch die Fliehkraft möglichst gering zu halten, um ein Haftöl mit entsprechender Viskosität und Anhaftungsvermögen.
Meine Fahrradkette wird weder durch Holz gezogen, noch erreiche ich eine Trittfrequenz von 11.000 rpm. Die permanenten auszugleichenden Ölverluste einer Kettensäge erlebt meine Fahrradkette nicht. Es bleibt die gute Hafteigenschaft und die geringe Viskosität, die auch ein sofortiges Auswaschen bei Regenfahrten unterbindet.

"Militante Umweltschützer" werfen mir regelmäßig eine Verunreinigung der Umwelt vor. Der von ihnen gewählte Schmierstoff sei schließlich ein spezielles Bike-Produkt und biologisch abbaubar.
Dazu möchte ich folgende Antwort geben:

-Diese biologischen Schmierstoffe bestehen zu einem Großteil aus regenerierten Ölen und Fetten aus der Industrie. Aufbereiteter Sondermüll aus Fettabscheideranlagen - mehr nicht. Die Abfälle dieser Aufbereitung verteilt ihr zwar nicht unmittelbar im Wald, vom Erdball verschwunden sind sie aber deshalb noch lange nicht.
-Wer 100 Km mit dem Auto in den Bikepark fährt und sich dort 6x täglich mit dem Lift shutteln lässt, wirft im Glashaus sitzend mit Steinen.
-Die Ölverluste einer Fahrradkette sind so marginal, dass zumindest ich, sie mit ruhigem Gewissen vertreten kann. Jeder im Wald geschlagene Raummeter Holz bringt deutlich größere Ölverluste beim Sägen mit sich, als ich in einem ganzen Jahr von meinem Fahrrad verlieren könnte.



















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