Kalorien statt Sprit vebrannt

Der Trainingsrückstand lässt sich inzwischen mehr als deutlich ablesen. Nicht nur auf dem Tacho, sondern auch an mir selbst. Ein prüfender Blick entlarvt mich als totale Lusche. Strenggenommen braucht man nichteinmal so sehr genau hinschauen. Eine Bauchfalte pro geschwänzte Trainingseinheit -  so einfach ist die Rechnung. Beim Blick in den Spiegel wird mir inzwischen nur noch mulmig. Zahnstocherbeinchen stemmen einen kugeligen Torso, an dem an Spaghetti errinnernde Ärmchen baumeln. Ich muss es einsehen: ich bin alles...nur nicht fit.

Seit ich wieder in festen Händen bin, blühe ich mental auf, verwelke aber physisch im Zeitraffer.  Sportliche Aktivitäten begrenzen sich seither allenfalls auf das Schlafzimmer. Das ist schön und macht natürlich Spaß, ist aber nicht effektiv. Nicht das wir uns falsch verstehen. Ich hab eine wahnsinnig tolle und liebe Frau an meiner Seite und ich verbringe unwarscheinlich gern Zeit mit ihr - und zwar nicht nur im Schlafzimmer, lasse aber seither das Elementare schleifen. Und zwar das biken.

Schon seit Monaten pendle ich regelmäßig zwischen meinem Wohnort und dem meiner Freundin. Meist mit dem Auto. Ich hab in aller Regel ziemlich viele meiner Klamotten dabei. Oder Sie. Oder ihre Tochter. Oder ihre Hunde. Oft auch alles zusammen. Das passt so grad in den Familienkombi, aber keinesfalls in die Satteltasche meines Rades. Gibt es nichts zu transportieren, siegt meißt der innere Schweinehund.
Dabei sind es grad mal läppische 45 Km zu ihr. Eine direkte Verbindung gibt es zwar nicht, jedenfalls keine, die mit dem MTB auch nur ansatzweise Spaß machen würde. Aber die ehemalige Bahntrasse Richtung Ulzburg ist in guter Zubringer, wenngleich sie einen Bogen schlägt und fahrtechnisch keinerlei Herausforderung darstellt.
Ein paar mal habe ich, im Kampf gegen meinen Bauchspeck, die Strecke bereits absolviert. So auch am letzten Sonntag. Das graveln auf dem Sandweg der Bahntrasse wird auf Dauer aber doch etwas eintönig. Für den heutigen Rückweg brauche ich dringend mal eine andere Routenführung.
Mangels GPS geht es nach reinem Bauchgefühl und grobem Orientierungssinn. Ich schlage statt bisher nördlich, einen südlichen Bogen um die Oberalterniederung, die leider keinerlei Durchquerungsmöglichkeit bietet. Ich schramme an Glashütte/Norderstedt vorbei und erreiche auf wunderschönen, wenn auch vom Dauerregen recht weichen Wegen, das NSG Wittmoor.

Das ich ohne Frühstück aufbrach, wird auch nicht durch den von den Reifen aufgeworfenen Dreck, den ich zu fressen bekomme, kompensiert und allmählich habe ich einen richtigen Bärenhunger. In Duvenstedt lockt der Duft von frischen Brötchen, der aus einer Backstube herüberweht. Der pikierte Blick der Verkäuferin, den sie mir angesichts meiner völlig versifften Radklamotten zuwirft, hält mich jedoch davon ab den Laden zu betreten.



Hinter Duvenstedt schlage ich unbeabsichtigt einen südlichen Haken und tauche dadurch eher zufällig in das NSG Rodenbeker Quellental ein. Dort ist es ebenfalls sehr matschig und das permanente Dauerschleifen der mit Sand und Dreck gefluteten Bremse zehrt an den Nerven, aber auch am Material. Die hinteren Bremsbeläge quittieren ihren Dienst. Schlechte Verzögerung und fieses Quietschen kündigen an, dass bereits die Metallfeder, die die Beläge sauber an den Kolben halten soll, an der Bremsscheibe anliegt. Ich könnte sie als Notbehelf entfernen, um die restlichen Zehntel Millimeter Belagsstärke für den Heimweg nutzen zu können. Angesichts der triefend nassen Klamotten und der bei 3 Grad doch recht klammen Finger, verzichte ich jedoch darauf und fahre etwas defensiver, nur noch mit der Vorderradbremse.





 Das NSG Wohldorfer Wald, die Ammersbek-Niederung und den Hansdorfer Brook lasse ich wegen des technischen Defekts aus. Schade eigentlich. Landschaftlich eine sehr schöne Ecke. Aber mit nur einer Bremse, nicht wissend wie lange deren Beläge durchhalten werden und einer unter dem Dreckbeschuss arg ächtzenden Kette, will ich mein Glück nicht überstrapazieren und keine weitere Schlammschlacht durch die tiefen Böden wagen. Außerdem wird mir langsam aber sicher auch arschkalt. Auf direktem Wege geht es also ab nach Haus und unter die warme Dusche. Das Bike, obwohl es eine Wäsche dringend nötig hat, muss bis zum nächsten Morgen warten.

 
 














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