Und plötzlich zieht Conny bei mir ein

"Ja hier kommt Conny, meine Freundin Conny...."
Wann immer ich die DVD der gleichnamigen Zeichentrickfigur mit ihr ansehe, singt meine Tochter inbrünstig und voller Begeisterung die Titelmelodie mit.
Heute traf Conny dann ganz unerwartet ein. Schlicht gehüllt in ein unscheinbares und wenig formschönes graubraunes Kleid, steht sie vor mir. Eine Unterschrift auf dem Touchpad des Lieferanten und die reichlich trostlose Übergabeszeremonie ist vollzogen.




Die Rede ist hier natürlich nicht von einer strohblonden Zeichentrickfigur im gestreiften Strickpulli, sondern von meinem neuen Bike. Nach einer wahren Odysee (mehr dazu hier) fiel meine Wahl auf das Conway RLC 6, welches naheliegenderweise auf den Namen Conny getauft wurde.

Mein Bike-Buddy Heiko fährt das RLC 6 aus 2020, ist voll und ganz zufrieden und hat auch mich nun mit einer Probefahrt überzeugen können. Gerne hätte ich ebenfalls ein 20´er Modell gekauft. Das allerdings war - wen wundert´s, wir schreiben Herbst 2021- nirgendwo mehr aufzutreiben. Die 2022´er waren zum Zeitpunkt des Kaufs hingegen noch nicht bestellbar. Die werden dann, bei 100 € höheren Anschaffungskosten, mit einer Fox 32 Performance ausgeliefert werden. Ob die Farbgebung in wahlweise schwarz oder schwaz/türkis tatsächlich der Realität entspricht, bleibt abzuwarten. Auf Conway´s Homepage werden die Bikes so gezeigt, tragen allerdings den Schriftzug RLC 2. Wie dem auch sei....Liefertermine stehen nach wie vor ohnehin in den Sternen.
So blieb mir nur, mich nach einem 2021´er umzusehen - wenngleich das bei identischem Listenpreis statt der Rock shox SID (Mod. 2020) nur mit der Reba SL daherkommt.

Fündig wurde ich durch Zufall auf Bike-Exange. Wer, wie ich bis dahin, diese Seite nicht kennt, dem sei in aller Kürze erklärt, dass diese Handelsplattform quasi die Schnittestelle zwischen lokalem Händler und Direktversender darstellt. Eine interessante Geschichte für alle Händler, die ihren Kundenkreis erweitern wollen, die Mühe und Kosten eines eigenen Onlineshops jedoch vermeiden möchten. In Zeiten außerhalb pandemiebedingter Engpässe werden dort sicher auch der ein oder andere Ladenhüter zum Schnäppchenpreis angeboten werden - wobei man stets bedenken muss, dass Bike-Exange natürlich Transaktionsgebühren erhebt, die die Händler auf die Kaufpreise umlegen müssen.

Ein Schnäppchen abgreifen - ein Vorjahresmodell geht schließlich in normalen Zeiten gern mal 200 bis 400 € günstiger über den Tisch - davon sind wir bei den derzeitigen Lieferengpässen natürlich weit entfernt. Und so traue ich mich gar nicht erst, den Verkäufer René König nach einem Rabatt zu fragen Stattdessen frage ich lieber ganz schüchtern, ob das Rad überhaupt noch verfügbar ist.
Denn auch das habe ich oft erlebt: Es werden viele Lockangebote ins Netz gestellt. Oft handelt es sich um einen der vielen Betrügershops, bei denen dann das Geld auf Nimmerwiedersehen verschwindet, oder aber man teilt mit - mit Bedauern, wie stets versichert wird - dass das gewünschte Rad nicht verfügbar ist und bekommt dann diverse Plunderbikes in der 500 - 800 € Preisklasse als vermeintliche Alternative vorgeschlagen.

Ein Schnäppchen? Mit 2600 € Listenpreis ist das RLC 6 definitiv kein Schnäppchen. Gemessen an der Ausstattung eher recht teuer... eigentlich zu teuer. Und es ist deutlich über meinem angedachten Budget von 2000 bis 2200 Euro.
Aber das Bike ist noch da, wie mir Renè wenig später ganz umgänglich mitteilt. Aber pah... da hatte der nervöse Zeigefinger ja schon lange auf "kaufen" geklickt gehabt. Derzeit muss man schnell sein, will man vermeiden, dass jemand einem etwas vor der Nase wegschnappt.

Zwischenzeitlich kommt etwas Verwirrung in die Kaufabwicklung. Ich hatte defintiv "Lieferung" angeklickt und mich bereits, durchaus überrascht, darüber gefreut, dass in der Rechnung die Lieferkosten mit "Null Euro" ausgewiesen wurden. Bei Radsport König hatte das System jedoch "Abholung" angezeigt und die Lieferkosten entsprechend genullt.
Kulanterweise wird das Conway nun, entgegen der eigentlichen Vorgehensweise, versandkostenfrei verschickt. Auch wird dem Bike ein Tacho, ein Flaschenhalter, sowie eine Trinkflasche beigelegt. Normalerweise gibt es nur eines dieser Give Aways und auch nur bei direkter Abholung im Laden.
Auch wenn die Teile logischwerweise eher einfacher und kostengünstiger Natur sind, freue ich mich darüber. Es ist die Geste, die hier für mich zählt. in Zeiten von Corona-Engpässen, die ich auch ganz gern als "Wenn du nicht kaufst, tut es ein anderer - Epoche" bezeichne, fühle ich mich als Kunde tatsächlich noch wertgeschätzt - in Deutschland hat das inzwischen Seltenheitswert!


Mit 11,3 Kg ist das RLC 6 kein wirkliches Leichtgewicht unter den Carbon-Mtbs dieser Preisklasse. Dennoch ist das Bike agil. Eine moderne und sportliche aber nicht zu gestreckte und daher bequem zu fahrende Geometrie, kurze Kettenstreben, die das Conway gut um Kurven zirkeln lassen und solide Parts, machen das RLC 6 zu einem guten Kompromiss zwischen Rennfeile und Alltagsbegleiter.

Zudem punktet das Rad mit einigen cleveren Detaillösungen.



Gut durchdacht:
Der Rahmen ist für die Innverlegung der Züge einer versenkbaren Sattelstütze vorbereitet. Das Sitzrohr weist einen entsprechenden Durchmesser auf. Wer bei einer festen Stütze bleiben will, profitiert von der mitgelieferten Reduzierhülse. Die dünnere Sattelstütze kann besser flexen und bietet mehr Komfort. Fehlen tut mir persönlich allerdings der Schnellspanner.



Gleich doppelt clever: Der Rahmen verfügt über einen direct mount und kann so auf Wunsch auch auf Umwerferantrieb umgerüstet werden. Diese Aufnahme wird ab Werk für eine Kettenführung genutzt.




Anders als viele andere Hersteller, setzt Conway auf Reifen mit hochwertiger Gummimischung. Ein zweischneidiges Schwert, denn die Reifenwahl ist stets von persönlichen Vorlieben und dem Fahrstil abhängig. Oft werden Reifen an einem Neubike umgehend ausgetauscht. Da ist die teurere Gummimischung dann u.U. Geld, was der Hersteller lieber in bessere Komponenten oder in einen geringeren Kaufpreis ummünzen könnte. Wer mit Raching Ralph und Racing Ray zurecht kommt, wird sich über die durchdachte Wahl der Gummimischungen freuen. Die Reifenbreite von 2.35 ist zeitgemäß.
Ärgerlich: Wie so viele Reifen von Schwalbe, haben auch diese extrem eiernde Karkassen.
Speedgrip vorn - macht Sinn...

 

....Speed hinten - auch




Fehlt: an Carbonrahmen ist ein Chainsuckschutz PFLICHT!

Nachgerüstet: Der Kettenstrebenschutz aus Gummi löste sich bereits, war zu klein und kann das Carbon nicht ausreichend schützen. Die aus einem alten Rahmen herausgetrennte Sitzstrebe, unterlegt mit einem Stück Schlauch, schützt hier nun das empfindliche Fasermaterial


Einfach geil: Statt einlaminierter Gewinde, hat Conway austauschbare Gewinde vorgesehen.
Leider sind die Aussparungen extrem schlecht ausgearbeitet.


Kaum zu sehen: Der Rahmen verfügt über ein Akku-Fach für die Di2. Das verbirgt sich unter dem Flaschenhalter. Wer seinen Akku im Winter allerdings nach der Tour frostfrei lagern will, muss jedes mal den Flaschenhalter demontieren, oder das gesamte Bike ins Wohnzimmer stellen.


Gut gedacht ist nicht immer gut gemacht: Der Deckel des Akkus-Fachs ist aus Plastik und wird im unteren Teil nur in den Rahmen geschoben. Das wirkt sehr labil.
Der Flaschenhalter wird unten lediglich in diesen Deckel geschraubt. Nur die obere Schraube sitzt im Rahmen und fixiert Flaschenhalter und Deckel. Bei einer vollen Trinkflasche dürften schon einige Kräfte auf diese eine Verbindung einfließen. Conway gibt leider nur 3 Jahre Garantie auf den Rahmen.



Extrem ungewohnt: Der 740er Lenker ist zeitgemäß, baut aber 80mm breiter, als ich es gewohnt bin.


Chopper-Feeling: Das Cockpit dürfte selbst eher komfortorientierten Bikern zu hoch sein. Leider ist der Vorbau nicht umdrehbar. So bleibt vorerst nur, mit diesem Spacerturm zu leben, bis ein negativer Vorbau angeschafft wird. Den Gabelschaft zu kürzen ist keine Option. Man weiß nie, ob die Gabel nicht doch irgendwann in ein anderes Bike eingebaut oder die Vorbauhöhe doch nochmal verändert werden soll.


Gratis: Den Tacho legte Radsport König gratis bei. Das er drahtgebunden ist, stört allenfalls die Optik. Vier einfache Funktionen - kein unnötiger Schnick Schnack - so muss für mich ein Tacho sein.



Deutlich Kritik erntet Conway jedoch für die Verarbeitungsqualität. Die kann mich leider nicht überzeugen und steht in keinerlei Verhältnis zum Anschaffungspreis. Eine unsauber gearbeitete PM Aufnahme fiel mir bereits an Heikos Bike auf,und findet sich auch an meinem. Ein Zeichen für einen Serienfehler und für mangelnde Endkontrolle. Auch das an einem nagelneuen Bike der Lack absplittert, ist ein Unding. Und außermittig eingespeichte Laufräder, deren Seiten- und Höhenschlag einen halben Zentimeter betragen, dürfen allenfalls bei Baumarktware auftreten. Das die aufgezogenen Schwalbe Reifen ebenfalls massiv eiern (bekanntes Problem), macht es nicht besser. Ich kann mich nicht gegen das aufkommende Gefühl wehren, dass Vielerorts die Qualität und Sorgfalt derzeit unter der enormen Nachfrage leiden müssen.
Ob man das so akzeptieren muss? Ich denke nicht.
Bezüglich des Bremssockels habe ich in puncto Haltbarkeit keine Bedenken. Die fehlerhafte Lackierung habe ich bereits reklamiert und warte diesbezüglich auf Antwort. Die stümperhaft aufgebauten Laufräder entdeckte ich leider erst heute bei den ersten Metern Fahrstrecke. Auch darüber wird also noch zu sprechen sein.
































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