Fette Reifen in Rieste - 24 Std. MTB Alfsee 2022




Puh, das war anstrengend. Fünf Runden bin ich auf der Strecke am Alfsee gefahren und bin erstmal fix und fertig. Durchgeschwitzt und ziemlich erschöpft sitze ich am Sonntag Mittag in der warmen Maisonne - zur Stärkung ein Nudelfertiggericht (Käse-Sahnesauce-meine Lieblingssorte) löffelnd - auf den Treppenstufen vor der Bühne und warte mit allen anderen auf die Siegerehrung. 


Beim Start war ich noch ganz gut weggekommen, hatte dann aber kurzfristig die Orientierung verloren und Plätze eingebüßt. Ab der zweiten Runden war dann aber alles klar: Rundkurs gegen den Uhrzeigersinn mit eingebauter Schikane und ca. 300 m Streckenlänge auf Gras - die Aufholjagd konnte beginnen, wurde durch eine Kollision allerdings erneut kurz gebremst. 
Dennoch hat es für mich für einen siebten Platz der Altersgruppe 6-9 Jahre gereicht, über den ich mich ganz doll freue. 

Nicht ganz so gut lief es für Papa im 24 Stunden-Rennen der Erwachsenen, bei dem er erstmals als Solofahrer an den Start ging. Schon die Anreise am Freitag gestaltete sich holpriger als zunächst angenommen und die dunklen Wolken einer Pannenserie zogen lange Schatten werfend, unheilvoll herauf. 
Da sich nicht die komplette Ausrüstung im Auto verstauen ließ, musste mit Anhänger im Schlepptau über die Autobahn nach Osnabrück gezuckelt werden. Ein Stau tat sein Übriges, um uns viel zu spät am Abend auf dem Campingplatz in Rieste eintreffen zu lassen.
   Erst Sturmböen, dann fehlende Bauteile, verhinderten, dass Mama und Papa den mitgeschleppten Pavillion aufbauen konnten. Die Stimmung hätte inzwischen besser nicht sein können.
Für solche Gelegenheiten wurden Kartoffelchips erfunden. Die kann man mit seelig zufriedenem Lächeln vor sich hinmuffeln, während man seinen Eltern beim aufkeimenden Nervenzusammenbruch zusieht.

Gegen zehn Uhr abends fiel Papi, der schon seit 23 Uhr am Donnerstag auf den Beinen war, in einen tiefen, einer Totenstarre ähnelnden Schlaf. Das ihn bereits um halb Sechs am nächsten Morgen die volle Blase weckte, dürfte wohl dem Alter geschuldet sein - der kriegt nämlich auch schon langsam überall graue Haare, der alte Sack. Aber psssst....das hört er nicht so gern.

Ich hingegen hatte schön ausgeschlafen, fühlte mich topfit und machte mich - während Papi sich auf das Rennen vorzubereiten begann - auf, voller Tatendrang den nahe gelegenen Spielplatz zu erkunden.
   Das ich aber pünktlich um 14 Uhr zum Rennbeginn an der Startlinie stand um meinen Papa anzufeuern, verstand sich von selbst. Toll sah er aus - so sportlich, in seinem Renntrikot vom MTB-Team Harveycom. Nur etwas zerknautscht gucken tat er. Das lag wohl an der absolvierten Proberunde, die ihm doch gehörigen Respekt angesichts seines Vorhabens eingeflößt und seine Zielsetzung von 20 Runden erheblich eingedämpft hatte.

Und so kam er auch bereits - viel früher als erwartet - nach nur 3 Runden für die erste Pause ins Fahrerlager zurück. ``Läuft nicht´´, hatte er geschimpft, die Strecke und seine rutschenden Lenkergriffe verflucht und frustriert das Rad in die Ecke geschoben. Toll, wie Mami ihn mental aufbaute, ihm Essen und Getränke reichte und sich nebenbei auch noch um mich kümmerte. Von mir gab es für Papa einen dicken, feuchten Knutsch - der hat ihm bestimmt auch ein wenig geholfen.

Dennoch fand er nicht so richtig ins Rennen. Die Rundenzeiten waren ganz gut - vielleicht sogar etwas zu schnell - die Pausenzeiten jedoch zu häufig und zu lang. Und am Abend ging dann plötzlich gar nichts mehr bei ihm. Der Körper streikte und verlangte nach Ruhe. Die seit Wochen absolvierte Nachtarbeit und der damit einhergehende Schlafentzug forderten - ausgerechnet heute - ihren Tribut. Kreidebleich, mit krampfenden Armen und Beinen und von Schüttelfrost gepeinigt, rollte er sich in den Schlafsack und schlief die gesamte Nacht durch.
   Erst heute Morgen stieg er - nur mäßig erholt - wieder in das Rennen ein. Der Ehre halber will er bis zum Rennende um 14 Uhr wenigstens 10 Runden absolviert haben. Da fehlen ihm aber noch vier.

Deutlich besser gestaltet bisher Michael Krölls - der liebenswerte Kumpeltyp vom Team Harveycom - sein Rennen. Wie eine alte Dampflok spult er unbeirrbar und mit seiner ganzen Routine, Runde um Runde ab. 
Sven Hielscher, der wie gewohnt für Nutrixxion startet, den aber ein ganz enges freundschaftliches Verhältnis mit Harveycom verbindet, und den Papa so cool findet, weil er nicht nur stets enorme sportliche Leistungen vollbringt, sondern weil er trotz der Anstrengung und körperlichen Belastung immer und zu jeder Zeit für jeden der ihn anspricht, ein Lächeln und freundliche Worte aufbringen kann, liefert sich ein spannendes Duell mit Nick Döbber von Radsport Helmig um die Führungsposition.
Und auch das Sechser-Team um Sven, Moritz, Fabian, Joshua, Marco und Thomas hat sich trotz Materialdefekten in die Spitzengruppe der Wertung zurückkämpfen können. 
Ein paar Stunden sind aber noch zu fahren, das 24 Std. Rennen am Alfsee bleibt also spannend. 

Jetzt aber ist für mich erstmal die Siegerehrung der Kinder beim fette Reifen-Rennen angesagt.
Prima, denn meine Nudeln hab ich inzwischen aufgegessen und ich möchte schließlich gleich noch mit Mami das Germanen-Abenteuerland erkunden, Papi beim Rennen anfeuern und wenn ich bei meinen Eltern den Dackelblick aufsetze, springt vielleicht sogar noch ein Eis für mich heraus - ein großes, wenn ich bitten darf!
   Ati der Clown ist wie schon beim Rennen, auch zur Siegerehrung da, macht mit seinen Späßen die Co-Moderation und sorgt für zahllose lachende Kindermünder. Organisator Uwe ruft jedes einzelne Kind zu sich auf die Bühne - keines wird vergessen und jede Platzierung mit einer Urkunde und einem Geschenk geehrt. Das finden nicht nur wir Kinder, sondern auch die vielen anwesenden Eltern und Zuschauer toll. 
   Als ich aufgerufen werde und voller Stolz von einem Ohr zum anderen grinsend meine Urkunde entgegennehme, meine ich aus der Menge ein Schluchzen vernehmen zu können und sehe Mami ein Taschentuch zücken. Ob Papa sie geärgert hat? Bestimmt hat er ihr wieder in den Po gezwickt. Mit dem muss ich nachher mal ein ernstes Wörtchen reden.

Zunächst geht er aber erstmal wieder auf die Strecke. Nach den drei morgendlichen Runden fehlt ihm jetzt noch eine, um sein Minimalziel von zehn Runden und damit insgesamt 130 Km zu erfüllen.
Warum diese letzte Runde in der Ergebnisliste nicht auftaucht, wird wohl für immer ein Geheimnis des Veranstalters bleiben.
Papa sieht es zum Glück gelassen. Bei einem derart skurrilen Wochenende und einem so hölzernen Solo-Debüt, bringt ihn das nun auch nicht mehr aus der Fassung. Seine gute Laune wäre die ideale Gelegenheit, ihn wegen einer Taschengelderhöhung zu fragen...


Apropos Ergebnisliste: Micha Krölls landet nach 15 Runden auf einem starken 54. Platz. Das Sechserteam hat sich nach phänomenaler Aufholjagd den 3. Platz gesichert und Sven Hielscher erfüllt sich einen jahrelangen Traum und fährt am Alfsee endlich aufs Podium. Mit unfassbaren 33 Runden erringt er Platz 2 und zeigt damit immerhin 115 anderen Solofahrern, wo der Hammer hängt.



Und was mich betrifft: Ich hatte unfassbar viel Spaß und würde am liebsten gleich nächste Woche wieder ein Rennen am Alfsee fahren. Ich werde mich aber wohl oder übel ein Jahr lang gedulden müssen und werde - das sollte Papa vielleicht auch mal in Erwägung ziehen - die Zeit bis dahin zum trainieren nutzen. 


Eure Gastautorin: 

Mia

























































Kommentare

  1. Mensch, da habt ihr ja ein richtiges Abenteuer erlebt. Die Geschichte ist so lebendig und mit Humor geschrieben, dass das Lesen wirklich Freude bereitet und man fortlaufend am Schmunzeln ist. Trotz der unglücklichen Situation: Herzlichen Glückwunsch an Mia & Papi 🍀 Alles Liebe, Ramona 😊

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  2. Aus toller Perspektive geschrieben und sehr amüsant! Gratulation euch beiden zu der sportlichen Leistung.

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    1. Vielen Dank, Spoony. Auch, weil du einer meiner treuesten Leser bist!

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